MEIN ALLTAG MIT MS
Wie MS die Partnerschaft und Partnersuche verändert
MS in der Partnerschaft: Wie erklärt man eine chronische Erkrankung der/dem Partner:in?
Zur Liebe kommt im Lauf der Jahre die Partnerschaft, aus dem Paar wird ein Team mit oder ohne Kinder, das gemeinsam das Leben meistert, in guten wie in schlechten Tagen. Egal wie, unser aller Traum ist, gemeinsam unbeschwert und frei durchs Leben gehen zu können. Doch was ist, wenn eine chronische Erkrankung wie MS unsere Wunschvorstellung durchkreuzt? Passen MS und Liebe denn überhaupt zusammen? Natürlich! Beziehungsprobleme haben schließlich auch andere Paare.
Wie kann sich MS auf die Beziehung auswirken?
Die Krankheit Multiple Sklerose zieht mit der Diagnose in das Leben und den Alltag ein, das Thema ist unterschwellig immer da, damit wirkt sich die MS auch auf die Partnerschaft aus. Rollen und Verantwortungen ändern sich, vielleicht auch der gewohnte Lebensstandard, die Sorge umeinander nimmt zu.
Scham und Angst aufgrund der MS sollten in keiner Beziehung Platz haben, nicht in einer bestehenden und nicht in einer frisch gestarteten. Wenn sie auftreten, dann läuft etwas falsch, aber daran kann man arbeiten, alleine, mit dem/der Partner:in und vielleicht mit der Hilfe von professionellen Coaches. Denn: Wer redet schon gerne freiwillig über Probleme, negative Veränderungen im eigenen Leben, wenn es nicht unbedingt sein muss, wenn es irgendwie auch ohne Reden weiterläuft.
MS kann zum Beziehungskiller werden. Partnerschaft, Sexualität und Multiple Sklerose ist kein leichtes Dreierpack. Eine Herausforderung – ohne Zweifel. Aber: Eine ausgeglichene Beziehung und eine damit einhergehende erfüllte Sexualität können bei der Krankheitsbewältigung helfen.
„ES IST WAS ES IST, ABER ES WIRD WAS DU DARAUS MACHST.“
unbekannt
MS und Sexualität: Mögliche sexuelle Störungen bei MS
Prickelnd, intim, aufregend – so sollte die Sexualität doch eigentlich sein. Aber vor allem sollten Sex und Intimität einfach guttun. Manchmal wird dies durch die Symptome der MS erschwert. Scham, Unsicherheit, Entfremdung können mögliche Folgen sein.
Aber kennen auch die jeweiligen Partner:innen diese Symptome und Auswirkungen? Und können sie deren Folgen für den geliebten Menschen abschätzen?
Diese Symptome können die Sexualität beeinflussen1,2
- Fatigue
- sexuelle Störungen
- Orgasmusprobleme
- Spastiken
- Scheidenkrämpfe
- Schmerzen beim Verkehr (Frauen)
- Erektions- und Ejakulationsprobleme
- trockene Vagina
- Muskelschwäche
- Bewegungseinschränkungen
- Blasenschwäche, Inkontinenz
- Berührungsempfindlichkeit
- Missempfindungen an Scheide oder Klitoris
- taube Körperregionen
- Konzentrationsstörungen
Drei Faktoren lösen diese Störungen aus1
- MS-Symptome, wie die bereits aufgezählten
- Folgen der verlangsamten Weiterleitung der Nervenimpulse bei Multipler Sklerose
- psychosoziale Probleme einer Partnerschaft
Keine Scheu vor neuen Ideen
Hier ein paar Anregungen, wie Sie mit sexuellen Funktionsstörungen umgehen können:
- besondere Datenight als Überraschung planen
- Hilfsmittel testen (Sex-Toys, Gleitmittel, Erektionshilfen)
- alternative Praktiken ausprobieren
- Vaginaltraining (z. B. mit Vibrator)
- Beckenbodentraining
- Timing: sexuelle Intimität besser vor einer Mahlzeit
- mit der Ärztin bzw. dem Arzt Ihres Vertrauens sprechen
Vielleicht erfinden Sie dabei die eigene Sexualität neu, ein spannender Prozess, der allen Paaren in jeder Phase guttut. Liebe, Lust und Leidenschaft werden zwar beeinflusst durch Krankheit oder Alter, aber auf keinen Fall verschwinden sie, das wäre auch viel zu schade!
„DIE MENSCHEN, DENEN WIR EINE STÜTZE SIND, GEBEN UNS DEN HALT IM LEBEN“
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Tipps für den Umgang mit MS in einer Partnerschaft
Kommunikation über Probleme ist nicht immer sexy, aber so wichtig, damit ein Paar mit Multipler Sklerose mit Sexualität und Partnerschaft umgehen kann, damit MS eben nicht zum Beziehungskiller wird. Sprechen Sie daher möglichst offen über Ihre Ängste, Schamgefühle, auch über möglicherweise auftretende MS-Symptome, die sich direkt auf das intime Zusammensein auswirken können.
Reden ist nicht immer sexy, aber nötig!
Das ist das Ziel: Gemeinsam müssen Sie definieren, was an Bewährtem in Ihrer Beziehung mit MS noch funktioniert und behalten wird, von was Sie sich schweren oder leichten Herzens verabschieden und wohin Sie sich entwickeln wollen. Vielleicht ist der eigentliche sexuelle Akt gar nicht so wichtig für Sie, muss nicht immer Folge von Intimität sein. Oft reichen Berührungen, Kuscheln, sich halten, einfach zusammen sein schon aus, um die Liebe auszudrücken. Sie werden vermutlich Themen entdecken, die schon lange unausgesprochen sind, aber auf der Seele brennen.
Ein ungezwungener Einstieg in solche Gespräche kann ein Spiel sein, wie es die Beraterin in Beziehungsfragen, Ann-Marlene Henning, in ihrer Praxis einsetzt.2 Sie sieht den Schlüssel zu jeder gelungenen Beziehung und zur Lösung von Beziehungsproblemen in der Kommunikation.
dringend, dass Ärzt:innen das Thema Sexualität und MS systematisch ansprechen. Immerhin acht Prozent der MS-Erkrankten gaben in einer Umfrage der DMSG an, unter sexuellen Störungen zu leiden, doch viele beantworteten die Frage danach erst gar nicht.1 Noch schlimmer: Die Probleme bleiben bei mehr als drei Viertel der befragten MS-Patient:innen unbehandelt.1 Ist MS und Sex wirklich ein Tabuthema? Es sollte zumindest keines sein.
Langer Rede kurzer Sinn:
- Paare müssen reden.
- Ein Gespräch kann auch unterbrochen oder vertagt werden, wenn sich einer/ eine nicht gut fühlt oder die Stimmung aggressiv wird.
- Scham und Angst haben in einer Beziehung Hausverbot.
- Emotionen sind zugelassen.
- Eine angenehme Gesprächsatmosphäre und der richtige Zeitpunkt sind entscheidend.
- Suchen Sie sich aktiv Hilfe für medizinische Probleme.
- Informieren Sie sich und Ihren Partner über die MS-Symptome.
- Informieren Sie sich über sexuelle Alternativen und Hilfsmittel – gemeinsame Recherche ist Teil des Spaßes. Je nach Ihrer Vorliebe online oder bei spezialisierten Beratungen. Das bieten Sexualtherapeut:innen an.
- Holen Sie sich beratende Unterstützung für Ihre Partnerschaft, besonders mit Blick darauf, die Situation zu analysieren, zu akzeptieren oder zu ändern. Diese Unterstützung finden Sie bei Paartherapeut:innen.
Übrigens fordert auch die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) dringend, dass Ärzt:innen das Thema Sexualität und MS systematisch ansprechen. Immerhin acht Prozent der MS-Erkrankten gaben in einer Umfrage der DMSG an, unter sexuellen Störungen zu leiden, doch viele beantworteten die Frage danach erst gar nicht.1 Noch schlimmer: Die Probleme bleiben bei mehr als drei Viertel der befragten MS-Patient:innen unbehandelt.1 Ist MS und Sex wirklich ein Tabuthema? Es sollte zumindest keines sein.
Partner*Insuche: Dating mit MS
Hand aufs Herz: Hat nicht jeder Single heutzutage schon mal mit einer Dating- App geliebäugelt? Liebe unter Kolleg:innen ist nicht mehr so einfach, Parties, Sportvereine, Kneipen, Clubs – manches ist wegen MS weggefallen. Wo also soll man die neue große Liebe finden? Oder einen Flirt, eine Affäre? Single- Portale sind da eine erfolgversprechende Anlaufstelle.
Vor der Anmeldung in einem Dating-Portal sollte klar sein:
- Was und wen suche ich?
- Wieviel Zeit und Energie verwende ich auf Dating?
- MS sieht man auf dem Profilfoto nicht: Wie viel will ich von meiner Krankheit preisgeben?
- Suche ich einen „gesunden“ Menschen oder jemanden mit Behinderung bzw. einer chronischen Erkrankung?
- Wenn ich es will: Kann ich bei einem Date kurz und knapp meinen Alltag mit MS erklären und die Symptome schildern?
- Wie gehe ich mit Enttäuschungen und Zurückweisungen um?
Natürlich präsentieren sich Kandidat:innen auf Partner:insuche immer von der besten Seite, ein bisschen Schummeln ist sicherlich auch oft dabei. Der Gedanke an Dating-Shows im TV drängt sich auf. Diversity ist dort ein vielbeschworener Aspekt, aber zählt das auch im realen Leben? Neben den bekannten Dating- Apps gibt es übrigens auch Single-Portale, die sich gezielt an Menschen mit Behinderung richten, manche in einem speziell geschützten Rahmen.3,4,5
Doch eigentlich träumt doch jeder und jede davon, dass Mr. Right oder Mrs. Right einem einfach eines schönen Tages über den Weg läuft und sofort die Schmetterlinge im Bauch tanzen. Ein bisschen nachhelfen muss man manchmal, hilfreich ist es sicherlich auch, im Bekanntenkreis den Status zu streuen: Ich bin offen für eine neue Beziehung!
TIPP
Unser Blog bietet weitere interessante Themen zum Leben mit MS im Alltag und wird kontinuierlich erweitert!
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Disclaimer
Diese allgemeinen Informationen haben nicht die Absicht, eine Erkrankung zu diagnostizieren oder medizinisches Fachpersonal zu ersetzen. Um die beste Beratung für Ihre Krankheit sowie Antworten auf Ihre medizinischen Fragen zu erhalten, sollten Sie einen Mediziner konsultieren. Nur ein Arzt kann Ihre Lage vollumfänglich und angemessen einschätzen und entscheiden, welche Behandlungen erforderlich sind.
Quellen:
1 DMSG: Grafik zu Sexuelle Störungen bei MS https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/ms-erforschen/grafiken-des-quartals/monats/ berichte-zu-grafiken-des-quartals/monats/sexuelle-stoerungen-bei-ms
2 Beratung in Beziehungsfragen, Ann-Marlene Henning https://doch-noch.de/
3 Partnervermittlung Herzenssache https://www.herzenssache.net/)
4 Partnersuche Schatzkiste https://www.diakonie-michaelshoven.de/angebote/weitere-angebote/partner-und-kontaktvermittlung-schatzkiste
5 profamilia https://www.profamilia.de/themen/sexualitaet-und-behinderung
Internetquellen zuletzt besucht am 01.03.2023