MEIN ALLTAG MIT MS

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Yoga und Meditation bei Multipler Sklerose – für mehr Resilienz

Ein Artikel von Samira, MS-Patientin.

Warum sind Achtsamkeit, Meditation und Yoga bei Multipler Sklerose eigentlich Themen, die auf meinen Kanälen immer wieder erwähnt werden? Und was haben diese Themen mit Resilienz zu tun?

Achtsamkeit, das heißt bewusst sein, ohne zu urteilen. Wahrnehmen und annehmen, ohne vom Strom der eigenen Gedanken mitgerissen zu werden. Im Hier und Jetzt sein. Für uns Menschen mit MS ist Achtsamkeit so wichtig, weil sie uns dabei hilft, unsere eigenen Bedürfnisse (auch die unseres Körpers) besser wahrzunehmen. Diese Fähigkeit ist dann wiederum nützlich, wenn es darum geht, unsere Grenzen zu definieren und zu schützen – und im Großen und Ganzen liebevoller und fürsorglicher mit uns selbst umzugehen. Sowohl Meditation als auch Yoga können uns, neben vielen anderen tollen Techniken, dabei helfen, achtsamer zu sein, und somit besser im Einklang mit uns selbst zu leben.

Multiple Sklerose: Können Yoga und Meditation helfen?

Gehört hast du die beiden Worte bestimmt schon öfter, und vielleicht hast du auch schon mal Bilder gesehen von Menschen, die versonnen mit geschlossenen Augen im Schneidersitz auf einer Wiese sitzen oder die vor atemberaubenden Kulissen spektakuläre Verrenkungen vollziehen. Und ja – so können Meditation und Yoga aussehen. Aber: sie müssen es eben nicht.

Das Wort “Yoga” ist Sanskrit und bedeutet so viel wie “Einheit”. Denn beim Yoga sind, und wer Yoga praktiziert weiß das, Körper und Geist im Einklang. Aber es geht beim Yoga nicht nur um die Haltungen, die “Asanas”, also das, was man sieht. Yoga ist viel mehr. Es ist auch Lebensphilosophie, Verhaltensweisen, Gewaltfreiheit – auch sich selbst gegenüber.

Gewalt muss nicht immer mit sichtbaren blauen Flecken einhergehen. Auch mit uns selbst können wir auf emotionale und physische Weise gewalttätig sein – indem wir ständig unsere Grenzen ignorieren. Uns kritisieren und antreiben, auch wenn nichts mehr zu holen ist an Energie. Indem wir unserem Körper Dinge zuführen, die ihn nachgewiesenen schädigen, und wir geradezu abhängig von Stress und Lärm werden, um nur ja nie innezuhalten und unsere wirklichen Bedürfnisse zu spüren.

Hier kommen Yoga und Meditation ins Spiel. Und du – als Quelle und Ursprung all dessen, was du nach außen trägst. Bist du oft im Außen, hilfst du oft anderen, gehst du für andere über deine gesunden Grenzen? Und am Ende des Tages dankt man es dir noch nicht mal? So etwas macht wütend, traurig, bitter. Umso mehr, da wir in solchen Situationen mit leeren Händen geben. Wir können nicht aus vollem Herzen für andere da sein, wenn wir selbst gerade extrem bedürftig sind. Wir müssen erst uns selbst nähren, bevor wir andere nähren können. Wir müssen uns zuerst selbst die Sauerstoff-Maske aufs Gesicht drücken und festziehen, bevor wir anderen dabei helfen können. Aber leider sind wir oft so “out of touch” mit uns selbst, dass wir gar nicht spüren, wie sehr wir gerade auf dem Zahnfleisch gehen. Wie leer die eigenen Energiespeicher sind.

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Wie aber kommen wir wieder in Kontakt mit dieser Intuition?

Durch Stille. Durchs In-uns-gehen. Durchs „Fühlen-was-da-ist“. Und natürlich haben wir alle jahrelang versucht, das was da ist nicht zu fühlen, weil wir uns mit den Einschränkungen durch die Erkrankung nicht jeden Tag auseinandersetzen wollen. Hier kommt dann auch der Titel der #spürgenauhin Kampagne zum Tragen: Spüre dich. Trau dich, wieder mit dir in Kontakt zu kommen. Meditation kann genau dabei helfen. Setz dich hin, einfach nur mit dir, und mit all den Dingen, die hochkommen, wenn du dich einfach mal nicht ablenkst. Kein Handy, kein Buch, kein Fernsehen – nur du, dein Geist, dein Körper. Und ein paar Minuten Zeit. Erinnere dich, wenn du abschweifst, immer daran, dass du nichts falsch machen kannst. Und dass alles, was hochkommt, sein darf. Drück es nicht weg. Schau es dir an – und sitz einfach damit. Nimm es an.

Bei vielen von uns rollen dann erstmal die Tränen – auch bei mir immer wieder, wenn ich meditiere oder sanftes Yoga mache. Doch deine Tränen sind wie Putzwasser, und immer wenn sie rauskommen, dann nehmen sie auch viel mit sich, und du kannst danach wieder klarer sehen. Akzeptanz ist eine der Sieben Säulen der Resilienz, und was wir mit solchen Übungen stärken, ist genau das: Annahme. Akzeptanz. Frieden.

Warum ist Resilienz bei Multipler Sklerose so wichtig – und was ist das überhaupt?

Resilienz ist die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen und großen Herausforderungen in unserem Leben umzugehen. Es gibt Personen, die sind von Natur aus recht resilient, aber man kann Resilienz auch lernen. Unterstützen können dabei solche Übungen wie oben beschrieben. Resilienz, also diese Widerstandsfähigkeit, sorgt für die berühmte “dicke Haut”, sorgt dafür, dass wir wortwörtlich oder bildlich gesprochen wieder aufstehen nach Tiefschlägen, und dass wir den Glauben daran, dass alles okay wird, nicht verlieren.

Ich habe täglich mit vielen hunderten Menschen mit MS zu tun und ich beobachte immer wieder, wie gut es den Menschen tut, langfristig die Hoffnung nicht zu verlieren. Das heißt nicht, dass man nicht auch mal einen schlechten Tag haben darf, oder auch eine schlechte Woche. Das heißt auch nicht, dass man nur positiv und strahlend sein darf, absolut nicht. Resilienz ist eher wie ein solides, ruhiges, zuversichtliches Grundrauschen, das immer da ist, auch wenn wir es gerade nicht hören können. Sie ist die stabile Bühne, auf der sich all die Dramen des Lebens abspielen. Die erwähnten Sieben Säulen der Resilienz werden oft etwas unterschiedlich angegeben, die meisten Modelle einigen sich aber auf folgende sieben Dinge: Optimismus, Verlassen der Opferrolle, Selbstwirksamkeit, Akzeptanz, ein stabiles Netzwerk, Verantwortung übernehmen und Zielorientierung. Vor allem für die bereits erwähnte Akzeptanz, aber auch der Optimismus, Zielorientierung und Selbstwirksamkeit sind Achtsamkeitsübungen sehr dienlich.

Bau deine eigene Bühne der Resilienz – und wähle dafür Methoden der Achtsamkeit und Stressreduktion, die zu dir passen. Neben Yoga und Meditation gibt es, um nur einige Beispiele zu nennen, noch die Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR), Tai Chi und Qi Gong, Atemübungen und das Tagebuch schreiben („Journalling“). Wie findest du heraus, was zu dir passt? Ganz einfach: Durchs Ausprobieren. Ich wünsche viel Spaß dabei

Über die Bloggerin

Ich heiße Samira, blogge als “chronisch fabelhaft” und bin mit meinem Podcast und Instagram Account schon viele Jahre auf Social Media unterwegs, alles im Zeichen der Aufklärung rund um das Thema MS. Ich selbst bin seit 2013 an schubförmiger Multipler Sklerose erkrankt, lebe aber mittlerweile sehr gut mit der Krankheit. Ich bin nicht nur Autorin und Inhaberin einer Agentur – ich bin auch ausgebildete Yoga- und Meditationslehrerin, weswegen mit die Themen Achtsamkeit und Resilienz besonders am Herzen liegen. Wenn du mehr Achtsamkeit, Bewegung und Resilienz in dein Leben bringen möchtest, dann schau dir unbedingt mal meinen 14-tägigen Onlinekurs „Mindful mit MS“ an. Darin nehme ich dich mit Meditationen und Yogaübungen so an die Hand, dass du eine eigene, regelmäßige Praxis entwickeln kannst.

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BLOGGERIN SAMIRA

Disclaimer

Diese allgemeinen Informationen haben nicht die Absicht, eine Erkrankung zu diagnostizieren oder medizinisches Fachpersonal zu ersetzen. Um die beste Beratung für Ihre Krankheit sowie Antworten auf Ihre medizinischen Fragen zu erhalten, sollten Sie einen Mediziner konsultieren. Nur ein Arzt kann Ihre Lage vollumfänglich und angemessen einschätzen und entscheiden, welche Behandlungen erforderlich sind.