MEIN ALLTAG MIT MS

So schaffst du es endlich, davon wegzukommen

Wie Rauchen die Multiple Sklerose beeinflusst

Ich erinnere mich noch genau an die Zeit, in der die MS das erste Mal in mein Leben trat. Herbst 2013, es war grau draußen und nachdem die Worte „Multiple Sklerose“ das erste Mal fielen, war es auch in mir grau und regnerisch. Ich war im Krankenhaus am Rand von Berlin, nasser Matsch aus Blättern im Rinnstein. Stand neben dem Krankenhaus unter diesem pilzartigen Schirm, auf der „Raucherinsel“ – Kippe im Mund. Nervös daran ziehend. Das Papier von meinen nassen Fingern durchgeweicht.

Die dunklen Wolke des schlechten Gewissens

Und jetzt mal ganz ohne Ironie: Ich wusste natürlich, dass Zigaretten schädlich sind, aber ohne die MS hätte ich wohl bis jetzt nicht aufgehört. Denn schädlich ist das eine … Aber es ist in Studien belegt, dass Rauchen die Progression der MS und damit eine schnellere Zunahme motorischen Behinderung begünstigt.1 Ich selbst hatte mit jedem Glimmstängel dieses Gefühl, die kleine dunkle Wolke im Hinterkopf: Ich rauche mich hier in den Rollstuhl. Das waren zumindest meine Gedanken.

Es dauerte etwa weitere drei Jahre, bis ich 2017 endgültig mit dem Rauchen aufhörte. Davor gab es einen oder zwei Versuche, während derer ich es schaffte, mal ein, zwei Monate nicht zu rauchen. Es folgte eine relativ peinliche Episode, in der ich dachte, Dampfen sei ja viel gesünder als Rauchen. Also kaufte ich mir so ein Dampfgerät und Liquids für viel Geld, die nach Popcorn schmeckten oder nach Blaubeerkuchen. Und ich fühlte mich einfach nur lächerlich dabei, diese komischen Tropfen zu dampfen. Was machte ich da?! Warum fiel es mir so schwer, ganz aufzuhören?

Das grosse Problem ist nicht die Nikotinsucht, sondern die „Gehirnwäsche“

Der Groschen fiel erst, als mir klar wurde, dass das große Problem nicht die Nikotinabhängigkeit war, sondern die Gehirnwäsche, die ich durch das Rauchen erfahren hatte. Ich dachte, es sei unmöglich, einen Abend mit Freund:innen zu genießen, ohne dabei zu rauchen. Einen Kaffee ohne Zigarette dazu, ein Glas Wein, ein gutes Essen ohne Zigarette danach? Wie machten andere Menschen das? Wichtig ist, dass wir verstehen: Der Genuss entsteht nicht durch die Zigarette, sondern durch den Moment, den wir erleben. Das Problem, wenn wir nikotinabhängig sind: Wir können ihn nicht OHNE das Nikotin genießen, weil wir „entzügig“ sind.

Deswegen genießen Nichtraucher:innen ihre Zeit so einfach: Sie sind nicht nikotinabhängig. Sie brauchen kein „Extra“, das ihre Entzugserscheinungen lindert, um den Moment genießen zu können. Der Moment ist bereits vollkommen. Das gute Gefühl, das Raucher:innen bekommen, wenn sie sich eine anzünden, ist genau eines: Die Linderung von Entzugserscheinungen. Das heißt, wenn du einmal verstehst, dass nicht die Zigarette das Großartige ist, sondern das Tolle einfach ist, keinen akuten Entzug zu haben, dann wirst du auch verstehen, dass die Zigaretten nur eines tun: Sie stopfen ein Loch, das sie selbst graben. Und nebenbei machen sie dich auch noch krank und kosten viel Geld.

„Wenn du etwas loslässt, bist du etwas glücklicher. Wenn du viel loslässt, bist du viel glücklicher. Wenn du ganz loslässt, bist du frei.“

Ajahn Chah

Mit dem Rauchen aufzuhören ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gesundheit

Ja, ich weiß, das ist nicht einfach zu hören. Und vielleicht möchtest du jetzt laut rufen: „Aber bei mir ist das anders! Ich rauche wirklich gerne!“. Die Sache ist: Das dachte ich eben auch lange. Aber wenn du jemanden fragst, der spielsüchtig ist, wird er auch lange Zeit behaupten, er oder sie spiele einfach gerne … Bis der Groschen endlich fällt.

Rauchen bei MS sehe ich wie eine tickende Zeitbombe. Wenn du wirklich eine große Veränderung herbeiführen und so gesund wie möglich mit deiner MS leben willst, dann kann Rauchen kein Teil davon sein. Dann sabotierst du leider den Großteil deiner Anstrengungen rund um deine Gesundheit. Rauchen ist so ein großer und wichtiger Faktor. Und ich bitte dich, in deinem eigenen Interesse und derer, die dich lieben und die noch viel, viel glückliche Zeit mit dir verbringen wollen: Lass es sein. Hör auf. Wenn ich das schaffen kann, dann kannst du das auch. Befreie dich von dieser Sucht, die dir schadet und deinen Alltag so subtil bestimmt, dass du es kaum merkst. Hole dir deine Freiheit zurück. Damit du nie wieder auf so einer ollen Raucherinsel stehen musst wie ich, damals im November 2013. Du schaffst das.

Ich heisse Samira und lebe seit 2013 mit schubförmiger MS

Mittlerweile viele Jahre schubfrei, aber natürlich gehören auch zu meinem Alltag MS-Symptome dazu. Auf meinem Blog www.chronisch-fabelhaft.de, auf meinem Instagram Account @chronischfabelhaft und in meinem „Mutige Stimmen“ Podcast kläre ich dazu auf, wie ein erfülltes, selbstbestimmtes und zuversichtliches Leben mit der Multiplen Sklerose gelingen kann.

Darüber hinaus bin ich seit 2021 Teil der #spürgenauhin-Kampagne von Almirall, die es sich zum Ziel gesetzt hat, über Spastik bei MS und die damit verbundenen Symptome aufzuklären.

Tipp

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Disclaimer

Diese allgemeinen Informationen haben nicht die Absicht, eine Erkrankung zu diagnostizieren oder medizinisches Fachpersonal zu ersetzen. Um die beste Beratung für Ihre Krankheit sowie Antworten auf Ihre medizinischen Fragen zu erhalten, sollten Sie einen Mediziner konsultieren. Nur ein Arzt kann Ihre Lage vollumfänglich und angemessen einschätzen und entscheiden, welche Behandlungen erforderlich sind.

Quellen:

1 https://www.amsel.de/amsel-ev/presse/pressemeldungen/rauchen-bei-multipler-sklerose/